Vom »Blau« machen, »blau« sein und vom blauen Montag

Der wichtigste Farbstoff früherer Jahrhunderte war Indigo. Indigoblau ist das Blau der Bluejeans. Bis zum Aufkommen der synthetischen Farbstoffe war die Farbe der Kleidung keine Frage des Geschmacks, sondern eine Frage des Geldes. Im Gegensatz zu den anderen Farben wie Purpur war Blau jedoch einfach zu färben. Der wichtigste Farbstoff zum Färben war der aus Indien stammende Indigo oder der etwas weniger intensiv färbende einheimische Färberwaid. In Mitteleuropa wurde der Farbstoff aus dem Waid gewonnen, sein botanischer Name: Isatis tinctoria - »tinctoria« heisst »Färberpflanze«

Färberwaid
Die Blaufärberei erforderte schönes Wetter, es musste heiss sein, mindestens zwei Wochen lang. An Geräten war nur ein Bottich nötig, welcher in der Sonne stehen musste. Die Waidblätter wurden mit Flüssigkeit bedeckt. Es ist chemisch eine einzigartige Flüssigkeit, die man braucht: frischen menschlichen Urin.

In der Sonne beginnt die Urin-Waid-Brühe zu gären, dabei entsteht Alkohol, er löst den Farbstoff Indigo aus den Blättern. Der chemische Ablauf war im Mittelalter nicht bekannt, aber man wusste, dass die Gärung verstärkt wird und man mehr Farbstoff gewinnt, wenn man Alkohol zugibt. Allerdings kippte man den Alkohol nicht direkt in die Brühe, dazu war er zu schade, das hätte die Waidfarbe verteuert. Der Alkohol wurde über einen Umweg zugeführt: In den alten Rezepten ist vermerkt, dass die Farbe besonders gut wird mit dem Urin von Männern, die viel Alkohol getrunken haben.

Aber auch jetzt sind die Stoffe noch nicht blau - sie haben nur die unappetitliche Farbe der Brühe. Die blaue Farbe entsteht erst, während die Stoffe im Sonnenlicht trocknen. Da Blau erst am Licht entsteht, ist sie so lichtecht. Die Färber hatten nichts zu tun, als morgens und abends die Brühe vorsichtig umzurühren, den von der Sonne verdunsteten Urin aufzufüllen - und vor allem weiterhin für den Alkoholzusatz zu sorgen, denn je besser die Gärung, desto ergiebiger der Farbstoff, desto intensiver das Blau.

Abgesehen vom Gestank - Blaufärben war eine angenehme Tätigkeit. Die Färber arbeiteten im Freien, bei schönem Wetter, und es gab reichlich zu trinken. Immer wenn die Färbergesellen am Montag betrunken in der Sonne lagen, um auf das Ergebnis zu warten, wusste jeder, dass blau gefärbt wurde, die Färber waren "blau" und "machten blau". Auch der Begriff "blauer Montag" findet hier seinen Ursprung.


Hier noch eine weitere Erklärung, die mir von Ing. Günther Ecker (Chemiker) zur Verfügung gestellt wurde.
Die Färber, die Stoffe rot oder gelb oder anders färbten, gaben die Stoffe in die Küpe (Farblösung) und hängten sie dann zum Trocknen auf. Das geht relativ schnell. Die Blaufärbung mit Indigo braucht aber einen Oxidationsprozeß an der Luft, der länger dauert, als nur das Trocknen, nämlich rund 48 Stunden. Der Samstag war ein regulärer Arbeitstag, da wurden die Indigo-behandelten Stoffe auf die Leinen gehängt und Sonntag und Montag nahmen sie den Platz dort in Beschlag. Montags konnten deshalb keine anderen Stoffe (z.B. gelb oder rot) gefärbt werden, weil die Leinen voll waren, weil "blau gemacht" wurde. Da zur Reduktion des Indigo Urin und Alkohol gebraucht wurden und es mit dem Urin von alkoholberauschten Männern besser funktionierte, bekamen die Gesellen am Sonntag eine extra Ration Alkohol und waren dann am Montag eben "blau" (wahrscheinlich färbten sich nicht nur die verarbeiteten Stoffe in den zwei Tagen blau, sondern auch die Arbeitskleidung). Unter der Woche wurde nicht blau gefärbt, weil die Leinen für die anderen Farben gebraucht wurden, das wäre unwirtschaftlich gewesen, also nutzte man den Sonntag und den Montag!

Nach einer anderen Erklärung wurden die Stoffe einen Tag lang - am Sonntag - in der Farblauge eingeweicht und am Montag zum Oxidieren aufgehängt. Das klingt zwar auf den ersten Blick auch plausibel, aber dann hätte man das Einweichen schon am Samstag gemacht und den freien Sonntag zum Oxidieren genutzt. Hat man aber nicht, also dürfte diese Art von Erklärung nicht ganz richtig sein.



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