Kleine Kulturgeschichte der Naturfarben
von Daniel RohrbachFarbige Erden
Farbige Halbedelsteine
Ihr Besitz bedeutet Macht und Prestige. Bestimmte Herrscherschichten und Führer nehmen sogar einzelne Farben in Besitz und nutzen Farben um sich abzugrenzen. Ein Lapislazuli-Stein ist z.B. das Privileg des Pharao. Mit Experimentierfreude und vielleicht auch durch Zufall entstehen auch erste künstliche Farbschöpfungen. Mit Erzen und Chemikalien aus der Natur werden gezielt erste künstliche Farbpigmente geschaffen. Farben aus natürlichen Rohstoffen bleiben aber über Jahrtausende vorherrschend. Gewisse Errungenschaften der "Farbenbranche" geraten sogar wieder in Vergessenheit und werden erst in der Neuzeit wiederentdeckt.
Farbige Pflanzen
Färbende Blätter, Wurzeln und Beeren bringen früh neue Farbtöne ins gesellschaftliche Leben. Mit der farbigen Bekleidung ziehen auch Pflanzenfarben ins Haus und in den Palast. Doch die Sensibilität der Pflanzenfarben und der enorme Aufwand beim Herstellen machen auch diese Naturfarben zu Kostbarkeiten. Beschränkung weckt immer auch Begehrlichkeiten. Soziale Schichtung erfolgt immer schon durch Farben. Profit, Luxus, Gier und Grausamkeit manifestiert sich nicht selten in mit Farben. Es entstehen schon in der Antike spezialisierte Gruppen von Farbenherstellern und bald einmal auch eine "Zunft" der Farben-Fälscher. Mit der Entdeckung ergiebiger Färberpflanzen und Hölzer entsteht im Mittelalter mit der Färberei ein bedeutender wirtschaftlicher Aufschwung in Europa In Folge der Erfindung synthetischer Färbemitteln im 19. Jahrhundert erleben die Naturfarben-Hersteller jedoch einen radikalen Zusammenbruch, von dem sie sich nie mehr erholen.
Farbige Tiere
Auch Tiere werden als Färbemittel in frühen Hochkulturen verwendet - vor allem als Färbemittel im Textilbereich. Purpurschnecke, Cochenille- und Kermes-Läuse bringen eine nie gesehene Farbenpracht in die Herrscherhäuser. Neben Gold und Silber gehören Tierfarben damals zu den begehrtesten Handelgütern aus der neuen Welt.
Die Ausbeutung der Natur kennt zeitweise keine Grenzen. Alles kann zur "Droge" werden - auch Farben. So entsteht aus dem Handel mit "trockenen" Farben schliesslich der Beruf des Drogisten. Selbst zu Beginn des 20. Jahrhundert noch lieferten indische Kühe unter Qualen Farben. Mangoblätter als Futter der indischen Kühe ergab das Indischgelb, das aus dem farbstoffhaltigen Urin gewonnen wurde.
"Farbige" Menschen
Bild: RamesII; Quelle: www.aegypteninfo.de
Farbenrevolution mit Folgen
Farben kennen plötzlich keine Grenzen mehr - nicht nur geographisch. Farben werden nun für alle erschwinglich und jederzeit einsetzbar. Bestimmte Gesellschaftsschichten, die sich vorher durch bestimmte Farben abgrenzen konnten, werden ihrer sozialen Abschottungsmöglichkeit beraubt. Eine Demokratisierung blüht neu in Farbe(n).
Vorteile von Naturfarben wieder entdecken
Selbst wenn die chemischen Formeln für ein bestimmtes Pigment gleich sein mögen, die Wirkung ist mit einer Naturfarbe nicht zu vergleichen. Ein Blick ins Mikroskop schafft hier letzte Klarheit. Ein Naturpigment gibt dem Licht mehr Entfaltungsmöglichkeiten und reflektierende Dynamik. Gewisse Pflanzenfarben tragen sogar Komponenten aus dem Komplementärfarbenbereich mit sich und wirken auf das menschliche Auge in unnachahmlicher Weise. Eine besonders lebendige Farbigkeit strahlt aus den Pflanzenfarben in Verbindung mit der Lasurtechnik. Mineralische Naturfarben (z.B. Lapislazuli-Blau) blitzen wie "Sternenhimmel" durch ihre unregelmässigen kristallinen Strukturen.
Bild: Lapislazuli
Naturfarben - die Zukunft liegt in der Vergangenheit
Wichtig im Umgang mit Naturfarben ist das Kennenlernen dieser subtilen Wirkungsweisen beim Herstellen von Farben, Gestalten von Farbflächen und Farbkombinationen. Wer einmal die vielen Schritte einer Farbenherstellung miterlebt hat, betrachtet alle Farben aus einem neuen Blickwinkel. Naturfarben-Herstellung hat hier einen besonderen Reiz.
Sowohl ökologische Fragen wie auch farbgestalterische Aspekte verlangen ein Nachdenken über den grundlegenden Einsatz von Farben. Auch wenn nicht alle Naturfarben unbedenklich sind, ist der Einsatz von umweltverträglichen Farben ein wichtiges Postulat an die Zukunft.
Die sinnvolle Verbindung bewährter Traditionen und neuer Technologien im Farbenbereich ist sinnvoll und wünschenswert. Auch für das Auge wäre wieder eine neue (bewusste) Farbenwahl angesagt - besonders im Therapiebereich. Bewusste Farbplanung und Gestaltung muss wieder vermehrt im Einklang mit der Natur gesucht werden. Die immense Farbenfülle der Gegenwart zeigt Schattenseiten. Sinnesüberreizung ist ein neu geschaffenes Problem grosstädtischer Zivilisation und ist in ihren Auswirkungen sichtbar.
Auch als Mensch bleiben wir ein Teil der natürlichen Schöpfung und müssen uns in Respekt und neuer Beschränkung mit Farben üben. Das in der Natur und ihren Farben innewohnende "Harmoniestreben" bietet sich hier für die Zukunft als sinnvollen Lösungsweg an.
Dieser Betrag wurde von Daniel Rorbach zur Verfügung gestellt. Daniel Rorbach lebt in der Schweiz und veranstaltet Farbseminare und Farbreisen um Farben mit allen Sinnen zu erleben, z. B. " Die Farben der Provence - Ockergruben und Lavendelfelder " Kursthema: Erdfarben suchen und selber herstellen
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Einzelnachweise
- Text: Copyright © Daniel Rohrbach / www.educolor.ch
Bilder: Ockerpogmente / www.geomontanus.com; Mineralien / www.khm.at; Safran /By Franz Eugen Köhler, Köhler's Medizinal-Pflanzen (List of Koehler Images) [Public domain], Purpurschnecken By Hans Hillewaert (Own work) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons ; Pigmente ©Jens Hasler / pixelio.de
Sprache
Film
Die Sternfarben im Weltraum
Pflanzzeiten 2024
Sep./Okt.
24.09. 20:00 Uhr bis 09.10. 13:00 Uhr
Okt./Nov.
22.10. 04:00 Uhr bis 05.11. 17:00 Uhr
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